Andersartigkeit:  Oder der Mut, Brücken zwischen den Welten zu weben

Ein See in mystische Nebel getaucht. Sonnenuntergang und Baumsilhouetten am Ufer. Eine Stimmung wie zwischen den Welten.

Erlenzauber: Die Furcht vor dem Unbekannten

Andersartigkeit ist auffällig und vieles Auffällige galt Jahrhunderte lang als Werk des Teufels. Zur Zeit der Hexenverbrennungen wurde die Schwarzerle wegen ihres „Bluts“ gefürchtet, das gebrochenem und geschnittenem Holz eine auffällige rote Farbe verlieh (heute weiß man, dass es sich dabei um ein Oxidationsphänomen handelt). Als Wächter der Übergänge zwischen Wasser und Land sollte sie Naturgeistern und anderen Schauerwesen ein Zuhause bieten.

Hier gabelt sich meine Geschichte gleich dreifach: Da ist das Übernatürliche, das durch Erklärung und Wissenschaft entmystifiziert wird. Daneben die  Magie, die noch immer ungeklärten wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten folgt. Und schließlich die Welt dazwischen – der Übergang . Die Brücke zwischen der Rationalität der Wissenschaft und der auf subjektiver Erfahrung und emotionaler Weisheit beruhenden Magie, die spätestens mit dem Begriff „Energie“ gemeinsamen Boden findet.

Nichts erscheint mir energiebordender als Übergange: Das, was zwischen den Welten liegt und sie verbindet. Die Brücke zwischen bekannter Norm und neuem Erleben.

Übergänge zeigen, dass Veränderung trotz einer Form der Beständigkeit möglich ist. Sie versinnbildlichen, dass die Verbindung von Andersartigem, ja, sogar Widersprüchlichem, besondere Schönheit und neue Perspektive gebärt. Ein Facettenreichtum, der nicht in jedem Augenblick greifbar ist. Wäre ich ein Elementar oder Geisterwesen, würde ich mich hier wirklich besonders wohlfühlen. Als Mensch tue ich es auf jeden Fall.

Übergänge weben Verbundenheit zwischen den Welten

Als ich die letzten Tage an eben so einem Ort, am Ufer eines kleinen Teiches zwischen Erlen und Weiden, verbringen durfte, hat es sich für mich so angefühlt, als spönne sich dort ein besonders starkes Netz der Magie. Magie, die Sprache der Seelen, der Natur, des Universums selbst.

Das Wispern des Laubes, gepaart mit einem liebkosenden Knistern auf meiner Haut, dessen Ursprung zumindest meines Wissens noch nicht in den physikalischen Größen wissenschaftlicher Erkenntnisse begründet liegt, hat mich tiefer atmen lassen und zutiefst inspiriert.

Ich finde, an solchen Orten riecht die Erde schwerer, das Gras würziger und das Laub satter. Alles riecht realer.

Der Duft hat sich wie ein Band durch meine Nasenflügel, über meine Kehle bis zu meinem Herzen gezogen. Wie eine Brücke aus Seelenatem. Mit einem Mal habe ich mich unendlich verbunden gefühlt.

Angst, die Seelenlicht frisst

Es war einer dieser vielen Momente, in denen meine Liebe zur Magie, wie kleine Feuerwerke der Freude unter meinen Fingernägeln brannte. Wissend, dass nur ein paar Schritte von mir entfernt, der Mensch saß, bei dem ich am meisten ich selbst sein wollte und dem ich am wenigsten von diesem meinem Seelenkern zeigte.

Aus Angst vor Verurteilung, weil mein Erleben anders ist? Aus Angst einer emotionalen Hexenverurteilung? Aus Angst ihn zu verlieren?

Ich kann ihm vertrauen, das hat er mir so viele Male bewiesen. In seiner Gegenwart fühle ich mich sicher. Wann immer mich Ängste berühren, sind es seine Art, seine Energie, die sanfte Wärme, die ich in seiner Gegenwart spüre, aber auch mein Mut mich diesen zu stellen, die meine Ängste erlösen. Normalerweise. Diesmal war es anders. Die Angst war zu groß.

Angst, dieses saugende, entkräftende Schwingungsfeld, das unsere Sinne vernebelt und unser Sein zerrüttet – wenn wir ihm uns hingeben.

Ich sollte es besser wissen. Ich weiß es besser.

Aber ich kann sie trotzdem nicht in jedem Moment verscheuchen und besonders nicht in dieser Situation, in denen es darum geht, mich so nackt zu zeigen, wie nie zu vor - vor jemanden, der mich so intensiv dazu bringt, mich selbst anzuschauen.

Woran glaube ich?

Meine Vorstellung und mein (Er-)Spüren um die mystische, energetische Welt, hat im Laufe meines Lebens schon viele Gesichter gehabt. Die meisten meiner Auslegungen und Erfahrungen, spielten sich gegenseitig in die Hände, ähnelten sich, schenkten sich nur noch mehr an Tiefe. Dann gab es eine Zeit in der all das nicht nur keine Rolle mehr spielte, sondern mir regelrecht absurd erschien.

Ich war mir einer Vision unendlich sicher gewesen, hatte unzählige „Beweise“ für ihre Bewahrheitung gesammelt, um dann festzustellen, dass alles doch ganz anders kam.

Ich war zutiefst verletzt von der Ent-täuschung meiner Auslegungen der geistigen Welt (oder vielmehr meiner Missinterpretation) und konnte mir ein Weiter-Daran-Glauben nicht mehr erlauben.

Ohne meinen Glauben an Seelen, Energien und einen größeren Zweck, war alles farbloser, so viel farbloser. Alles was den Wert des Lebens jemals für mich definiert hat ist auseinandergebröckelt.

Irgendwo in den Tiefen meines bitteren Selbsthinterfragens, habe ich gespürt, dass nichts von meiner Intuition kaputt gegangen war, nur weil etwas für mich so Großes nicht auf die Weise passiert war, wie ich es „intuitiv“ verstanden hatte.

Ja, ich hatte mich geirrt, aber im Kern, war trotzdem etwas Magisches geschehen und auch nur aufgrund meiner Fehlinterpretation. Am Ende habe ich ein viel größeres Geschenk erhalten, in einem anderen Gewand. Einem, das ich nicht gewählt hätte, weil ich etwas anderes zu wollen geglaubt habe. Obwohl ich immer wieder versuchte, mir das vor Augen zu führen, hat es gedauert, bis meine Wunden geleckt waren und ich wieder kleine, vorsichtige Schritte in Richtung eines energetischen Erlebens unserer Welt machen konnte. Unsicher, skeptisch, aber gleichzeitig so angezogen, wie eine Elster von funkelndem Schmuck. Dann plötzlich waren meine Magie, mein Spüren, mein Glauben wieder da und sie blieben.

Bis vor ein paar Monaten. Bis auf in den Momenten, wenn ich an ihn dachte. In den Momenten, wenn ich daran dachte, ihm diesen Teil von mir zu zeigen. In diesen Momenten, habe ich all das wieder von mir abgespalten.

Ich war plötzlich wie zwei Personen. Die eine, die so war wie vorher – wenn auch gebremst in ihrer Kreativität und Schaffenskraft und die, die alles In Frage stellen musste, um keinen Schmerz ausgesetzt zu werden.

Heilungen, Channelings, sogar Selenreisen … all das klang für die „andere“ plötzlich sooo nach kindlichem, magischem Denken und ver-rückt.

Und immer wieder übt das Leben mit uns uns selbst zu sehen

Das rationale Wissenschaft und mystische Energieerfahrungen im Grunde eins sind und nur unterschiedliche Formen von Verständnis bezeichnen (wobei Irren auf beiden Seiten möglich ist), dieses Gefühl begleitete mich schon lange, aber wenn ich mich abspaltete, fehlten mir plötzlich die Worte.

Ohne meine Worte, wurde das, was ich mein Leben lang (mit nur jener einen kurzen Pause) gefühlt hatte, immer mehr zum Nebel einer fragwürdigen Erinnerung.  Ich wollte nicht verurteilt werden ohne mich verteidigen zu können.

Vielleicht war das Gefühl dieser lähmenden Angst vor Ablehnung, projiziert auf diesen für mich so kostbaren Menschen, reine Selbstsabotage. Vielleicht muss ich auch gar nicht verstehen, was hier passiert ist und nur bejahen, dass ich Ich-sein will und dass ich mich für diese energetische Welt als meine gewählte Realität entscheide.

Ja! Vielleicht hat mich mein Leben einfach noch einmal gefragt: Wer bist du? Wer willst du sein?

Die Schönheit der Schwarzerlen und Weiden, der morgendliche Nebel über dem Weiher und die Wurzeln unter meinen nackten Füßen vor ein paar Tagen, haben mir die Antwort jedenfalls regelrecht entgegen geschrien:

„Genau die, die ich bin. Mit meiner Seele, meinem Spüren von anderen Seelen und meinem Glauben an Energie.“

Wenn wir ehrlich sind - zu uns selbst und zu anderen - nähren wir die Kraft, die das Bett unseres Lebens im Fluss unserer Seele formt.

Also habe ich mich entschieden, dass es an der Zeit ist, mich ihm zu zeigen. Oder vielmehr: mich mir selbst wieder voll und ganz zu zeigen.

Ich habe es getan habe und während ich diese Zeilen niederschreibe, blicke ich auf dem kleinen, totgeglaubten Bonsaibaum neben mir auf dem Tisch. Vor ein paar Wochen hatte ihn mein Chef hier draußen vor dem Laden in die Sonne gestellt, mit einem letzten Funken Hoffnung der Wiederbelebbarkeit.

Jetzt, kurz bevor ich ihn aufgegeben wollte, entdecke ich diesen winzigen, stecknadelkopfgroßen Blättersproß an seinem Stamm. Er will weiterleben und das, obwohl er doch schon wie tot aussah.

Einmal mehr keimt es auch in mir; ein Gedanke: Vielleicht ist es immer wieder die Entscheidung dafür, was unsere Realität sein soll, die unsere Realität gestaltet.

Nachtrag: Ich habe also wieder  angefangen mich ganz zu zeigen und mit einem Mal, sehe und spüre ich mich selbst wieder so viel mehr und dazu alles was mich umgibt... 

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