Wogen und Wunder des Lebens

Hinweis: Dies ist der Original-Blogpost. Für eine leichtere Lesbarkeit habe ich ihn in zwei Teile aufgeteilt und diese separat fortgeführt. Klicke hier für Teil 1. Hier gibt es trotzdem noch extra Impulse, daher lasse ich den Artikel stehen. 🙂

Freundschaft oder warum in den Wogend des Lebens Wunder tanzen

Plötzlich war sie – meine als Freundin personifizierte Gewissheit, dass das Leben trotz oder gar wegen seiner Wogen voller Wunder ist – weg, und kurz darauf kam eine Verlagsabsage zu einem Buchprojekt, von dem ich so überzeugt war, dass es seinen Platz in diesem Verlag finden würde.

Sie war für lange Zeit meine innigste Begleitung, der Mensch, der mich wirklich gesehen hat, der Mensch, der sich für jede meiner Facetten interessiert und begeistert hat. Neben vielen anderen Schätzen war sie der Mensch, der sich die Zeit genommen hat, meine Schreibprojekte mit mir zu polieren. Das erste Mal in meinem Leben war ich mit der Verwirklichung meiner Leidenschaft und Träume nicht mehr allein.

Wie viel Kraft in diesem Katalysator von wertschätzender, voll und ganz gewollter Verbindung steckte!

Sie war der Mensch, dessen Sein, Charakter und Intellekt auch mich zutiefst berührt, begeistert und inspiriert hat.

Autoren und Depressionen

Und mein Autorenherz? Das Buch? Es war kein Herzensprojekt, aber es wieder aufzugreifen hat mein Herz verflüssigt und durch mein ganzes Sein geflutet.

Ich hatte die Erstversion mit neunzehn geschrieben. Ein paar Jahre später habe ich es, wie die meisten meiner Bücher, während der Peakjahre meiner (zum Glück der Vergangenheit angehörenden) zerstörerischen Depressions- und Suchtgeschichte abgelegt, um ihm zu einem späteren Zeitpunkt den Feinschliff zu geben und eine veröffentlichte Autorin zu werden.

Nämlich dann, wenn ich die Kraft dazu hätte. Dann, wenn die bedrohlichen Wogen meines Lebens geglättet wären.

Wogen bedeuten Bewegung

Die Wogen meines Lebens sind noch immer in Bewegung. So wird es immer sein, und das ist gut, denn Bewegung ist eben das: Bewegung. Kontrast ist wichtig.

Es sind keine turmhohen Wellen mehr, nicht einmal mehr ein paar Meter ragen sie auf.

Die Tsunamis, die meine Welt in der Vergangenheit geflutet haben, haben mein inneres Reich mit diesen Fluten genährt.

Unzählige Keime sprießen nun dort.

Die Wellen, die es jetzt manchmal noch an meinen Strand treibt, sind eigentlich sogar schön anzuschauen. Das Aufbäumen dieser Herausforderungen und Enttäuschungen durchbricht alte, begrenzende Mauern, durchspült abgestandenes Wasser und bespritzt die Freuden des Lebens mit ihrer Gischt und lässt sie umso leuchtender funkeln.

Geschenke im Schmerz

Wie kann ich über Geschenke im Schmerz schreiben?

Ja, der Verlust eines so wichtigen Menschen und kurz darauf die Verlagsabsage hätten früher mein Herz zum Bluten gebracht - vielleicht wochenlang. Und jetzt? Nicht mehr.

Stattdessen ist die Magie der Momente geblieben, in denen ich mit jener Freundin ein neues Lebensgefühl voller Wunder entdeckt habe, in denen ich mich bereits als veröffentlichte Autorin gefühlt habe und die mir niemand mehr nehmen kann. Und natürlich gehe ich weiter, ich werde meine Traumpfade nicht verlassen, sondern die Wege erkunden, die sie mir offenbaren.

Schon allein deshalb, weil ich sie gespürt habe!

Als der Verlagsaufruf zur Manuskripteinsendung kam, entstand in mir sekundenschnell ein goldenes, alles durchdringendes Licht: Da ist es, das ist der Moment! Meine Seele hat pulsiert, mein Körper prickelte - so stelle ich es mir vor, wenn man einem Seelenziel des Lebens plötzlich ganz nah ist.

Ein Sog, ein unaufhörliches, Funken stobendes Gefühlsglitzern und diese dichte, unbeschreiblich satte Zuversicht.

Und dann kam die Absage.

Und nochmal, denn diese Botschaft ist so wichtig: Es ist spannend, dass sich nichts davon mehr ansatzweise so schmerzerfüllend oder erschütternd anfühlt, wie ich früher vieles erlebt habe.

Nun, früher gab es definitiv auch härtere Schläge - reale existenzielle Bedrohungen - und dennoch lebe ich und dennoch bin ich - größtenteils - glücklich.

Einiges erscheint im Nachhinein betrachtet auch weniger dramatisch, als ich es in den Momenten empfunden habe.

 

Leichtigkeit erlauben

Das jetzt zu wissen und das Fehlen der einstigen Schwere erlauben eine Form der Leichtigkeit.

Sie ist mir schon ein paar Mal begegnet, aber erst jetzt lerne ich sie immer intensiver kennen.

Manchmal bin ich noch irritiert, mindert die Akzeptanz einer Entwicklung nach einer Enttäuschung oder Verletzung nicht den Wert dessen, was man beispielsweise verloren oder nicht bekommen hat? Ist das Resignation oder Resilienz?

Ich setze auf Letzteres. Die Leichtigkeit fühlt sich gut an... Also heiße ich dieses geweitete Toleranzfenster für die Wellen des Lebens oder diesen neuen Blick auf den Schatz hinter dem Verlust willkommen.

Und neben dieser neuen (vom Leben antrainierten) Flexibilität erkenne ich mein Leben auch ein Stück weit klarer:

Erst durch den Wegfall jener Freundin konnte ich begreifen, wie bequem und - ohne Wertung - begrenzt unsere gemeinsam erschaffene Welt war. Wir haben zusammen so viele Farben gezaubert, unsere Gedanken und Gespräche haben Universen erkundet und entstehen lassen, und doch geschah all das in einer Box.

Seitdem ich aus ihr herausgefallen bin, ist es, als gäbe es plötzlich keine Wände mehr.

Komfortzonen verlassen


Diese Wände waren meine Komfortzone, an denen ich mich angelehnt hatte. Und jetzt habe ich sie nicht freiwillig verlassen, sondern wurde rausgeschmissen?

Erst war ich verunsichert und orientierungslos, und dann habe ich ganz schnell begriffen, dass mir eine neue Chance geschenkt wurde. Die Möglichkeit, mich und die Welt neu zu entdecken.

Ich gebe mich dieser neuen Welt hin.

Die Leichtigkeit ist weit und befreiend, ihre Partikel sind so fein, dass sie jede Form bilden können, und zwischen ihnen ist ein leerer Raum, in dem ich einfach sein kann.

Die Ruhe begleitet mich wie ein weites Feld in meinem Inneren, und ich habe Lust bekommen, darin umherzuwandern.

Mehr Gedanken zu diesen Thema findest du auch HIER.

Wie geht's es dir mit solchen Veränderungen? schreibe Hinterlasse gerne ein Kommentar auf YouTube oder Instagram, den Blogpost dazu findest diesmal auf meinem Künstleraccount.

 

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Die Kraft und der Gewinn im Verlust

Hand die ein Stück Eis über den gefrorenen See hält
Veränderung ist Lebendigkeit

Veränderungen die weh tun oder die Kraft und der Gewinn im Verlust

Veränderungen können starke Schmerzen nach sich ziehen, insbesondere wenn sie einen Verlust bedeuten.

Dabei ist das Leben erstaunlich. Unergründlich in seinen Wegen – das haben wir schon so oft gehört. Jetzt, in diesem Augenblick, ist es auch genau das, was ich spüre. Eine tiefe Ruhe liegt in dieser Unergründlichkeit. Ein satter Frieden füllt mich in ihr. 

Es ist, als würde sich ein allzu vertrauter Zyklus meines Lebens wiederholen.

Beziehungen, die gehen und kommen, kommen und gehen. Nähe, Intensität dann Distanz und Leere. Egal ob in Freundschaft, Liebe, Leidenschaft, Interessen oder welchem Bereich auch immer.

Manchmal, weil wir Menschen uns verändern, auseinanderleben, oft aber auch weil es unsere Umstände tun – unsere Herzen und Seelen bleiben verbunden, der Schmerz über die Veränderung, den „Verlust“ ist aber ähnlich.

Der Schrecken der unkontrollierbaren Ungewissheit?

Das Spiel zwischen diesen Welten begleitet mich schon so viele Jahre.

 

Dabei habe ich mich immer als Spielball gefühlt – als das Element, das sich fügen muss. Das ersetzbare Partikel, von dem Flexibilität und Elastizität in einem Ausmaß erwartet schien, an dem ich nicht selten zu zerreißen drohte.

 

Immer wieder hieß es: anpassen – aushalten – das Beste daraus machen – die Türen erkennen, die sich öffnen, wenn sich andere schließen – Verständnis haben und nochmal aushalten.

Kaum hatte ich mich neu sortiert, kam eine weitere Welle der Veränderung, die wieder alles um mich herum und in mir durchwirbelte.

Ich fühlte mich selten als Drahtzieherin, nie als diejenige, die mitsprechen konnte, außer vielleicht um „Stopp“ zu sagen und damit (im ersten Augenblick) alles zu verlieren.

Statt der Ruhe war da Ungewissheit, Furcht und ein tiefes, sirrendes Leid.

Frische Gedanken und Gefühle -  Verlust als Beginn eines neuen Gewinns

Könnten Verluste die Anfänge neuer Gewinne sein?

Der Gedanke ist nicht neu, doch die Gewissheit diesbezüglich in mir ändert alles: Die Idee, mich diesem Wandel hinzugeben, mich den Wellen anzuvertrauen ist zu einem Gefühl geworden. Es ist noch immer nicht leicht, aber immer einfacher.

Als sich gerade wieder ein Schatz meines Lebens um 180° zu verändern schien – sich veränderte – war ich zuerst orientierungslos. Das Gefühl von Verlust klopfte an mein Herz und zerrte an meiner Lebensfreude.

Aber da war auch dieser Satz in mir: Das hast du schon einmal erlebt. Das hast du schon einmal überlebt.

 

Und ich habe schonmal gespürt, dass mich das Leben nicht untergehen lässt – selbst dann nicht, wenn ich bereits den Abgrund rieche, selbst dann nicht, wenn ich falle, nicht einmal dann, wenn meine Knochen mit mir auf dem Grund dieses Abgrunds zersplittern.  

Können diese Gedanken auch für dich Wegbegleiter sein? Lass es mich gerne auf YouTube oder Instagram wissen.

 

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Lebensfreude sammeln – Marmeladenglasmomente

Ich schreibe wieder und hab euch kein Wort davon gesagt. Oh, es gibt noch ein paar weitere Geheimnisse, auf deren Offenbarung ich euch noch etwas warten lassen – haha.

Alles zu seiner Zeit 😉.

Bildcollage by Llichtermeer: Sonnenaufgang mit weißer Marmeladenglas Illustration mit Sternen und Spiralen und einem Schmetterlingslöwen gefüllt und dem Text

Seelenrufe verklingen nicht

Wieder zu schreiben – auf die Art und Weise, wie ich es jetzt tue – dass das wieder passieren würde, war für mich solange unvorstellbar.

Mein Herz hat geblutet als die Worte einfach nicht mehr geflossen sind.

Dann hat sich irgendwann ein Gefühl von „egal“ über diese Wunde gelegt.

Das hat mir fast noch mehr Angst gemacht als der Schmerz.

Das Schreiben hat mich immer definiert – war meine heilsamste Medizin, meine stärkste Waffe gegen jede Dunkelheit und mein schnellster Weg zum Glück.

Wer wäre ich also überhaupt, wenn nicht eine Autorin?

Aber das Egal hat sich ausgebreitet und auch diese Gedanken durchdrungen und zersetzt.

Geblieben ist eine Leere in der ganz viel Platz war.

Im Momentsein - Der Geschmack zwischen den Zeilen

Platz für Momente, die nicht aus Seelenschmerz und funkelnder Hoffnung  geboren waren, nicht aus dem Sieg über meine Dämonen. Das alles wurde Vergangenheit.

Jetzt war Platz für Momente, die nicht nur mir, sondern allen, gehörten. Die Art von Momenten, die an winzig kleinen Pilzen zwischen den Halmen eines Moosbüschels haften. Die Art von Momenten, die zwischen dem Rauschen eines Dachs aus Fichtennadeln nistet. Momente, die vom Wasser eines Sees zwischen meine Zehen gespült werden.

Ich hab sie eingesaugt, aufgesammelt – in meiner Seele, in meiner Kammer der Lichter, in unzähligen, kleinen Marmeladengläsern aufbewahrt.

Bilder neben Bildern, Geschichten neben Geschichten, Lichter und Funken und dazwischen eine tiefe Ruhe.

Diese Momente haben mich genährt, nähren mich noch.

Seelenfrieden

Doch es ist die Ruhe, die meine Finger wieder mit Tinte gefüllt hat. So viel davon, dass es genug ist, um noch hunderttausend weitere Marmeladengläser mit Liebe und Dank zu beschriften und ihren Inhalt in Worte zu kleiden.

Darauf freue ich mich. Genieße es so sehr.

Und schreibe einmal mehr: Das Leben ist schön, ein Pfad voller Geschenke – manchmal mögen sie in einer anderen Gestalt kommen als wir es uns gewünscht haben, doch das macht uns nur reicher.

Was denkst du? 

Deine Larissa

Bildquelle Titelbild: Collage erstellt mit Canva/Bildmaterial und Illustration: Larissa Leona/Llichtermeer

Verzeihen – Zwischen Schilf und Schuldgefühlen

Uferbewachsung an einem Weiher

Über die Frage, wie es möglich ist, (sich selbst) zu vergeben.

Wir stehen  am Ufer eines wunderschönen kleinen Altwassersees.

Grelles Sonnenlicht bricht das graue Herbstwetter, um dann wieder von einem sanften Regenschauer auf den Grund des moorastigen Wassers gedrückt zu werden. Um uns herum klimpert Schilf und hin und wieder springt ein Fisch.

Ich genieße das nasskalte Platzen der Tropfen auf meinen Haaren, meinem Gesicht und Händen, während mein restlicher Körper unter einem Zeltverband aus Regejacke, -hose und Gummistiefeln, nur ihr Pochen spürt.

Mein Liebster hat mir die Kleider heute Morgen spontan aus seiner Altgaderobe zusammengestellt und dabei seine Jacke und Stiefel mit der abgetragenen Hose eines ein-Meter-neunzig-plus-großen Freundes ergänzt. Für meine 1,71 also deutlich zu groß, aber definitiv luftig gemütlich und warm.

Ich mag den Gedanken, alte Sachen zu tragen, die irgendwann schonmal irgendwem gedient und mit Freude erfüllt haben und jetzt, anstatt weggeschmissen zu werden, noch einmal einen wertvollen Nutzen erfüllen. Es fühlt sich an, wie eine Geschichte zu tragen, die sich noch einmal erzählen darf, noch einmal gehört werden darf, um dann in ein neues Abenteuer mitgenommen zu werden. Und natürlich ist es nachhaltig ökonomisch und ethisch. Das mag ich ganz besonders.

Von moralisch perfekt bin ich trotzdem ganz weit entfernt, immerhin stehen wir hier mit zwei ausgeworfenen Angeln. Das mit meinem zumindest vegetarischen, ehemals sogar veganen Herzen und meiner Energiearbeit zu vereinen, hat mich durch eine Sintflut moralischer Konflikte getrieben und bis heute weiß ich, dass es eigentlich nicht vereinbar ist und tue es trotzdem. Ich sage mir, dass wir zumindest penibel darauf achten, den Fischen neben dem Angelschock keinen zusätzlichen Stress und Schmerz zubereiten, aber eine wirkliche Rechtfertigung ist das natürlich nicht. Ich habe damit meinen Frieden geschlossen, kann mir selbst diese Entscheidung verzeihen, spüre Freude, wann immer es zum Angeln geht.

Nur diesmal ist es anders. Trotz des wunderbaren Wechsels von sonnengeflutetem Wind und wolkenverhangenen Regen auf meiner Haut. Trotz der wilden Idylle, die uns umgibt.

Da ist etwas, das an meinem Herzen reißt, an einer tiefvergrabenen Schuld am Grund meiner Seele. So laut und unausweichlich, dass sich alles in mir zusammenzieht. Das Bellen von Hunden hallt durch die Luft. Lässt sie zittern. Lässt mich zittern.

„Oh, das kommt vom Tierheim.“, murmle ich und mein Liebster nickt. Das Toben in mir kann er nicht hören. Er kann es nicht wissen. Ich habe es ihm nie erzählt. Ich habe es schon lange niemandem mehr erzählt.

Ich wusste nicht, wie sehr ich mich noch dafür verachte.

Ich hatte eine Wahl. Und ich habe mich für den leichteren Weg entschieden.

Gegen Yukon.

Er ist wenige Monate später an einem Fuchsbandwurm gestorben. Geliebt, in den Armen seines neuen Menschenbegleiters. Zumindest habe ich mir das gesagt: „geliebt“. Ein Teil von mir hat die Angst behalten, dass sein neues Zuhause ihm nur einfach doch nicht gewachsen war. So wie ich es nicht gewesen bin. Geliebt habe ich ihn. Unendlich.

In ein Tierheim konnte ich ihn nicht geben. Ich wüsste, er würde dort nicht verstanden. Nicht weil Tierheime etwas Schlechtes sind, sondern einfach, weil er eine Pflanze war. So wie ich. Eine Pflanze, deren Struktur kaum jemand verstand. Nicht einmal ich endgültig. Eine Pflanze, die in voller Pracht geblüht hat, wenn sie wirklich gesehen wurde, wenn sie den Raum bekam, sich zu entfalten. Aber eben auch eine Pflanze, die sich ganz leicht zertreten ließ und anders als ich, die ich stets nach Innen zerfiel, zerbarst er ins Außen.

Er war bereits fünf Monate alt, als er aus Rumänien zu mir kam. Die Jahre davor habe ich mir unzählige Videos über artgerechte Hundeerziehung und -haltung angeschaut, Buch um Buch zur glücklichen Hunde-Menschen-Beziehung verinnerlicht. Ich habe mich mit, wie ich glaubte, allen erdenklichen Problem und ihren Lösungen auseinandergesetzt und war überzeugt mehr als vorbereitet, mehr als kompetent genug zu sein, um ihm das perfekte Zuhause zu bieten.

Als er zu mir kam, war er völlig verängstigt. Ich habe monatelang alles darangesetzt, ihm jede Unterstützung zu geben, um Sicherheit zu erfahren. Habe an mir selbst gearbeitet, mehrere Stunden wöchentlich mit einer Hundetrainerin verbracht und mit Aufgaben, die ihm Selbstbewusstsein und Freude verliehen. Mein Leben drehte sich nur noch um ihn und die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir gemeinsam weitergehen konnten. Alleine bleiben konnte er trotzdem nie und obwohl wir dutzende positive Hundekontakte pflegten, brach er immer wieder in aggressive Panik aus, wenn wir Artgenossen begegneten.

Jeden Tag gab es diese Momente in denen wir Gesicht an Gesicht, mit dem Atem des jeweilig anderen an unseren Wangen, nebeneinander lagen. So verbunden. So erfüllt. So viele Momente in denen wir gemeinsam die Freude jagten, einfingen und Stunden in ihr schwelgten. Momente wie hier am See, Stunden im nassen Gestrüpp auf der Spur von Abenteuern. Ich in Regenhose und Gummistiefeln und er der Schalk beseelte Wolf an meiner Seite.

Als ich nach einer Trennung ohne Wohnung dastand, fand ich mit ihm keine neue – nicht allein, weil er Türrahmen, ja ganze Türen zerlegte, sobald ich eine Wohnung ohne ihn verließ, sondern ganz einfach deshalb, weil große Hunde in vielen Mietwohnungen nicht gern gesehen sind.

Im selben Atemzug endete mein Jobverhältnis. Die Angebote, die ich an dessen Stelle bekam, erlaubten keinen Hund und schließlich wurde ich – nach einer weit längeren Odyssee als hier beschrieben, krank. So sehr, dass ich kaum mehr als drei Schritte am Stück gehen konnte. Meine Mutter unterstütze mich beim Gassigehen. Sie war die Einzige, die freiwillig mit ihm nach draußen ging und das nur eine Handvoll Wochen nachdem sie ihren Mann, meinen Vater, am Sterbebett gehen hatte lassen. Als also genug anderes zu tun und zu verarbeiten war.

Es war genau dieses Tierheim, das ich in meiner Not aufgesucht habe. Mein Herz schreit noch immer, wenn ich an diesen Tag zurückdenke. An ihn in der Box hinten im Auto, während ich ausstieg, um sein Schicksal zu besiegeln. Sekunden später wusste ich, er würde dort eingehen und entschied, stattdessen weiterhin nach einer Privatperson zu suchen. Jemanden, der ihm zumindest ansatzweise gerecht werden konnte. Wochen vergingen bis ich jemanden fand. Er hatte zwar nicht die Erfahrung, aber zumindest den Willen, das Herz und den Grund, um Yukon ein gutes Zuhause zu bieten.

Aber so oder so, ich habe aufgegeben und mein Versprechen gebrochen, immer für ihn da zu sein. Am Schluss war es für mich leichter, mich für mich selbst zu entscheiden.

Das ich Yukon weggegeben habe, konnte ich mir nicht verzeihen, dafür nach und nach verdrängen. Ich habe mir damals verboten jemals wieder eine solche Verantwortung einzugehen. Gelernt, dass ich so eine Verantwortung nicht mehr tragen will. So sehr er mir manchmal fehlt.

Kurz darauf eine Freundin zu finden, die eine anders-ähnliche Geschichte mit mir teilte, heilte einen Teil meiner Schuldgefühle.

Verstanden zu werden ist Balsam und sich selbst durch den Blick auf jemand anderen zu verstehen genauso.

Meine Arroganz und Urteile, die ich zuvor Menschen entgegengebracht hatte, die sich für diesen Weg entschieden, ist aufgeweicht. Ich habe gelernt öfter über den Tellerrand hinaus zu blicken.

Die Stärke und Hilfe meiner Mutter haben sich wie ein Leuchtfeuer in mein Bewusstsein gebrannt und mich mit lodernder Dankbarkeit erfüllt.

Trotzdem, das Gefühl, ja, Trauma, das mit diesem Wegabschnitt meines Lebens einhergeht, scheint noch immer in meinem Körper gespeichert und die Nähe jenes Tierheims, das Bellen der Hunde dort, die auch Yukon hätten sein können, hat es wieder befreit. Was also jetzt?

Ich habe das Gefühl, dass ich mich wieder entscheiden kann. Vielleicht geht das nicht immer, aber in diesem Fall, fühlt es sich so an.

 

Ich erlaube es mir, diese Schuldgefühle loszulassen.

Ich akzeptiere, dass ich mir selbst wichtig bin, manchmal wichtiger.

Ich bin froh, dass dieser Schuldschmerz zumeist schweigt und meine Dankbarkeit für unsere gemeinsame Zeit dem überwiegt.

Ich erinnere mich daran, behutsamer und wertfreier mit den Entscheidungen anderer umzugehen.

Ich mag den Gedanken, dass Yukon jetzt an einem besseren Ort ist.

Ich liebe es, dass seine Seele mich besucht hat. Mich so reich beschenkt hat.

Ich mache weiterhin Fehler und bemühe mich doch, an anderer Stelle Licht in die Welt zu geben.

 

Gerade während ich schreibe zum Beispiel, sitzt ein alter Kater vor der Küchentür meiner Mutter. Er lebt schon seit Jahren wild in unserer Nähe. Gezeichnet von Kämpfen und Krankheiten mit abgebissenem Ohr und zerfetztem Fell. Seit ein paar Wochen versorgen wir ihn. Erst aus der Ferne, jetzt traut er sich immer näher zu uns heran.

Er legt sich auf den Boden und schließt die Augen, wenn ich ihm Healingwellen schicke und sein Fauchen, wenn wir versuchen ihm zu zeigen wo das Futter steht, weil er wohl nicht mehr sonderlich gut riechen und schmecken kann, wurde immer zarter. Heute ist es versiegt.

Sein Fell ist jetzt nicht mehr ganz so matt und in seinem zuvor so verhärmten Blick haben sich Lichterfunken gefangen. Funken, die Freude in mir entzünden und den Schatten meiner Schuld erlösen.

In diesem Moment wird mir klar: zu Geben hilft definitiv dabei (sich selbst) zu vergeben.

 

 

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Andersartigkeit:  Oder der Mut, Brücken zwischen den Welten zu weben

Ein See in mystische Nebel getaucht. Sonnenuntergang und Baumsilhouetten am Ufer. Eine Stimmung wie zwischen den Welten.

Erlenzauber: Die Furcht vor dem Unbekannten

Andersartigkeit ist auffällig und vieles Auffällige galt Jahrhunderte lang als Werk des Teufels. Zur Zeit der Hexenverbrennungen wurde die Schwarzerle wegen ihres „Bluts“ gefürchtet, das gebrochenem und geschnittenem Holz eine auffällige rote Farbe verlieh (heute weiß man, dass es sich dabei um ein Oxidationsphänomen handelt). Als Wächter der Übergänge zwischen Wasser und Land sollte sie Naturgeistern und anderen Schauerwesen ein Zuhause bieten.

Hier gabelt sich meine Geschichte gleich dreifach: Da ist das Übernatürliche, das durch Erklärung und Wissenschaft entmystifiziert wird. Daneben die  Magie, die noch immer ungeklärten wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten folgt. Und schließlich die Welt dazwischen – der Übergang . Die Brücke zwischen der Rationalität der Wissenschaft und der auf subjektiver Erfahrung und emotionaler Weisheit beruhenden Magie, die spätestens mit dem Begriff „Energie“ gemeinsamen Boden findet.

Nichts erscheint mir energiebordender als Übergange: Das, was zwischen den Welten liegt und sie verbindet. Die Brücke zwischen bekannter Norm und neuem Erleben.

Übergänge zeigen, dass Veränderung trotz einer Form der Beständigkeit möglich ist. Sie versinnbildlichen, dass die Verbindung von Andersartigem, ja, sogar Widersprüchlichem, besondere Schönheit und neue Perspektive gebärt. Ein Facettenreichtum, der nicht in jedem Augenblick greifbar ist. Wäre ich ein Elementar oder Geisterwesen, würde ich mich hier wirklich besonders wohlfühlen. Als Mensch tue ich es auf jeden Fall.

Übergänge weben Verbundenheit zwischen den Welten

Als ich die letzten Tage an eben so einem Ort, am Ufer eines kleinen Teiches zwischen Erlen und Weiden, verbringen durfte, hat es sich für mich so angefühlt, als spönne sich dort ein besonders starkes Netz der Magie. Magie, die Sprache der Seelen, der Natur, des Universums selbst.

Das Wispern des Laubes, gepaart mit einem liebkosenden Knistern auf meiner Haut, dessen Ursprung zumindest meines Wissens noch nicht in den physikalischen Größen wissenschaftlicher Erkenntnisse begründet liegt, hat mich tiefer atmen lassen und zutiefst inspiriert.

Ich finde, an solchen Orten riecht die Erde schwerer, das Gras würziger und das Laub satter. Alles riecht realer.

Der Duft hat sich wie ein Band durch meine Nasenflügel, über meine Kehle bis zu meinem Herzen gezogen. Wie eine Brücke aus Seelenatem. Mit einem Mal habe ich mich unendlich verbunden gefühlt.

Angst, die Seelenlicht frisst

Es war einer dieser vielen Momente, in denen meine Liebe zur Magie, wie kleine Feuerwerke der Freude unter meinen Fingernägeln brannte. Wissend, dass nur ein paar Schritte von mir entfernt, der Mensch saß, bei dem ich am meisten ich selbst sein wollte und dem ich am wenigsten von diesem meinem Seelenkern zeigte.

Aus Angst vor Verurteilung, weil mein Erleben anders ist? Aus Angst einer emotionalen Hexenverurteilung? Aus Angst ihn zu verlieren?

Ich kann ihm vertrauen, das hat er mir so viele Male bewiesen. In seiner Gegenwart fühle ich mich sicher. Wann immer mich Ängste berühren, sind es seine Art, seine Energie, die sanfte Wärme, die ich in seiner Gegenwart spüre, aber auch mein Mut mich diesen zu stellen, die meine Ängste erlösen. Normalerweise. Diesmal war es anders. Die Angst war zu groß.

Angst, dieses saugende, entkräftende Schwingungsfeld, das unsere Sinne vernebelt und unser Sein zerrüttet – wenn wir ihm uns hingeben.

Ich sollte es besser wissen. Ich weiß es besser.

Aber ich kann sie trotzdem nicht in jedem Moment verscheuchen und besonders nicht in dieser Situation, in denen es darum geht, mich so nackt zu zeigen, wie nie zu vor - vor jemanden, der mich so intensiv dazu bringt, mich selbst anzuschauen.

Woran glaube ich?

Meine Vorstellung und mein (Er-)Spüren um die mystische, energetische Welt, hat im Laufe meines Lebens schon viele Gesichter gehabt. Die meisten meiner Auslegungen und Erfahrungen, spielten sich gegenseitig in die Hände, ähnelten sich, schenkten sich nur noch mehr an Tiefe. Dann gab es eine Zeit in der all das nicht nur keine Rolle mehr spielte, sondern mir regelrecht absurd erschien.

Ich war mir einer Vision unendlich sicher gewesen, hatte unzählige „Beweise“ für ihre Bewahrheitung gesammelt, um dann festzustellen, dass alles doch ganz anders kam.

Ich war zutiefst verletzt von der Ent-täuschung meiner Auslegungen der geistigen Welt (oder vielmehr meiner Missinterpretation) und konnte mir ein Weiter-Daran-Glauben nicht mehr erlauben.

Ohne meinen Glauben an Seelen, Energien und einen größeren Zweck, war alles farbloser, so viel farbloser. Alles was den Wert des Lebens jemals für mich definiert hat ist auseinandergebröckelt.

Irgendwo in den Tiefen meines bitteren Selbsthinterfragens, habe ich gespürt, dass nichts von meiner Intuition kaputt gegangen war, nur weil etwas für mich so Großes nicht auf die Weise passiert war, wie ich es „intuitiv“ verstanden hatte.

Ja, ich hatte mich geirrt, aber im Kern, war trotzdem etwas Magisches geschehen und auch nur aufgrund meiner Fehlinterpretation. Am Ende habe ich ein viel größeres Geschenk erhalten, in einem anderen Gewand. Einem, das ich nicht gewählt hätte, weil ich etwas anderes zu wollen geglaubt habe. Obwohl ich immer wieder versuchte, mir das vor Augen zu führen, hat es gedauert, bis meine Wunden geleckt waren und ich wieder kleine, vorsichtige Schritte in Richtung eines energetischen Erlebens unserer Welt machen konnte. Unsicher, skeptisch, aber gleichzeitig so angezogen, wie eine Elster von funkelndem Schmuck. Dann plötzlich waren meine Magie, mein Spüren, mein Glauben wieder da und sie blieben.

Bis vor ein paar Monaten. Bis auf in den Momenten, wenn ich an ihn dachte. In den Momenten, wenn ich daran dachte, ihm diesen Teil von mir zu zeigen. In diesen Momenten, habe ich all das wieder von mir abgespalten.

Ich war plötzlich wie zwei Personen. Die eine, die so war wie vorher – wenn auch gebremst in ihrer Kreativität und Schaffenskraft und die, die alles In Frage stellen musste, um keinen Schmerz ausgesetzt zu werden.

Heilungen, Channelings, sogar Selenreisen … all das klang für die „andere“ plötzlich sooo nach kindlichem, magischem Denken und ver-rückt.

Und immer wieder übt das Leben mit uns uns selbst zu sehen

Das rationale Wissenschaft und mystische Energieerfahrungen im Grunde eins sind und nur unterschiedliche Formen von Verständnis bezeichnen (wobei Irren auf beiden Seiten möglich ist), dieses Gefühl begleitete mich schon lange, aber wenn ich mich abspaltete, fehlten mir plötzlich die Worte.

Ohne meine Worte, wurde das, was ich mein Leben lang (mit nur jener einen kurzen Pause) gefühlt hatte, immer mehr zum Nebel einer fragwürdigen Erinnerung.  Ich wollte nicht verurteilt werden ohne mich verteidigen zu können.

Vielleicht war das Gefühl dieser lähmenden Angst vor Ablehnung, projiziert auf diesen für mich so kostbaren Menschen, reine Selbstsabotage. Vielleicht muss ich auch gar nicht verstehen, was hier passiert ist und nur bejahen, dass ich Ich-sein will und dass ich mich für diese energetische Welt als meine gewählte Realität entscheide.

Ja! Vielleicht hat mich mein Leben einfach noch einmal gefragt: Wer bist du? Wer willst du sein?

Die Schönheit der Schwarzerlen und Weiden, der morgendliche Nebel über dem Weiher und die Wurzeln unter meinen nackten Füßen vor ein paar Tagen, haben mir die Antwort jedenfalls regelrecht entgegen geschrien:

„Genau die, die ich bin. Mit meiner Seele, meinem Spüren von anderen Seelen und meinem Glauben an Energie.“

Wenn wir ehrlich sind - zu uns selbst und zu anderen - nähren wir die Kraft, die das Bett unseres Lebens im Fluss unserer Seele formt.

Also habe ich mich entschieden, dass es an der Zeit ist, mich ihm zu zeigen. Oder vielmehr: mich mir selbst wieder voll und ganz zu zeigen.

Ich habe es getan habe und während ich diese Zeilen niederschreibe, blicke ich auf dem kleinen, totgeglaubten Bonsaibaum neben mir auf dem Tisch. Vor ein paar Wochen hatte ihn mein Chef hier draußen vor dem Laden in die Sonne gestellt, mit einem letzten Funken Hoffnung der Wiederbelebbarkeit.

Jetzt, kurz bevor ich ihn aufgegeben wollte, entdecke ich diesen winzigen, stecknadelkopfgroßen Blättersproß an seinem Stamm. Er will weiterleben und das, obwohl er doch schon wie tot aussah.

Einmal mehr keimt es auch in mir; ein Gedanke: Vielleicht ist es immer wieder die Entscheidung dafür, was unsere Realität sein soll, die unsere Realität gestaltet.

Nachtrag: Ich habe also wieder  angefangen mich ganz zu zeigen und mit einem Mal, sehe und spüre ich mich selbst wieder so viel mehr und dazu alles was mich umgibt... 

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Verbundenheit spüren

Weiße Bergblume mit gelber Blütennarbe und Felsbrocken auf Bergwiese

Verbundenheit

Wie oft hast du dich in letzter Zeit zwischen den Gräsern einer Wiese verloren

Und dich im Herzen mit unserer Welt verbunden

Bist mit deinen Sinnen durch deine Hände und Fuße gedrungen

Bist mit deinem Bewusst-sein tief in die Erde gesickert

 

Hast du schonmal Sonnenlicht zwischen Lehm, Sand und Wurzeln gefunden

Und gleichzeitig gespürt, wie ein Teil dieser Erde in dich zurück gekrochen ist

Fühlt sich nicht allein der Gedanke, wie diese über Jahre gefilterten und gepressten Mineralien deine Haut nähren, wie ein Streicheln an?

Die Magie der Perspektive

Dieses Wochenende habe ich eine wundervolle Reise nach Südtirol geschenkt bekommen und jeder Moment war genau das: Ein weiteres Geschenk.

Zuerst der Besuch bei (jetzt neuen) Freunden auf deren Biobauernhof:

Hühner füttern, Lamas aufwecken und Purzelbäume über die Wiesenhänge schlagen – zusammen mit den Kindern der Familie ist dabei ein Stück meiner kindlichen Seele wieder wachgerüttelt worden. Dabei dachte ich, ich würde meine Kinderseele sowieso ganz nah am Herzen tragen – aber offenbar, hat sie mich längst nicht so durchströmt, wie in und nach diesen kostbaren Momenten mit den beiden Räubermädchen.

Es heißt immer, es verändert das (Er-)leben, die Welt durch Kinderaugen zu sehen und das wieder zu spüren, ist mehr als heilsam. Es ist magisch.

Der Ruf der Natur

Nach einer wundervollen Nacht der Gastfreundschaft geht es weiter zu einer einsam gelegenen Berghütte, bewacht von einer Kette aus Bergriesen, deren einladender Ruf, wie Gesang in der Luft liegt.

Ein Ruf, dem nachgekommend weitere Geschenke folgen …

 

Mit und ohne Schuhe über die rote Erde und dieses wundervolle, unnachgiebig robuste, kurze Gras zu wandern, erfüllt mich immer mit demselben Gefühl von Kraft, das auch diese Landschaft ausmacht.

Umgeben von Blüten und Farben, die nur in einem leidenschaftlich ausgestatteten Künstlerpigment-Sortiment zu finden sind und deutlich daran erinnern, dass wo doch unsere Erde eine solche Künstlerin ist, auch wir selbst Kunstschöpfende und Kunstwerke zugleich sind.

Der Duft von alter, Harz getränkter Erde und jungen Wildkräutern schwängert die Luft und weckt wohlige Erinnerungen, an unsere mystischen, wilden Leben, die waren, sind und sein werden.

Weiter droben, Fels unter den nackten Händen – mal rau und griffig, mal sanft und geschmeidig, aber immer eine Brücke zum Einssein mit der Natur.

Brennende Oberschenkel und ein pumpendes Herz, wo es steil aufwärts geht – den eigenen Körper auf diese Weise zu spüren, kann Grenzen aufweisen und zeigen, wie wir diese (liebevoll bedacht) zu sprengen vermögen.

Und oben dann der peitschende Wind im Gesicht. Kalter Schweiß, der sich mit der Wärme der Sonne zu einem wohltuenden Schleier freudiger Erleichterung vereint.

Nach der Anstrengung die Gipfelbrotzeit, bei der jeder Bissen so viel kräftiger und nährender schmeckt und jeder Schluck Schorle so viel tiefer und befriedigender in die Fasern des Körpers eindringt.

Zum Abstieg die Erfrischung: Kaltes Bergseewasser, das mit seinem beruhigenden Klang gegen die Ufer klopft und die Haut von oben bis unten mit prickelnden Küssen übersäet.

Dazu ein Mensch, der die Schönheit in alldem auf dieselbe Weise sieht und spürt.

Momente tiefster Verbundenheit: mit mir, mit dir und allem was ist

Und ist es nicht genau das, dieses tiefe Sehen, Spüren, Schmecken, Hören und Erleben, was uns mit allem verbindet und gleichzeitig in unsere Körper zurückholt?

Wie verbindest du dich? lass gerne ein Kommentar da auf Instagram.

 

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Heilung geschieht in Schichten

sprudelnder Bergbach

Heilung geschieht in Schichten

Wer kennt es nicht, diesen Schmerz, diese Wunden, von denen wir glauben, dass wir sie längst geheilt und hinter uns gelassen haben und dann BAM kommen sie mit einer solchen, herben Gewalt zurück, das sämtliche Grundmauern des eigenen Verständnisses zum Beben gebracht werden.

Es heißt, das Leben mutet uns nicht mehr zu, als wir tragen können und trotzdem enden Leben unter ihrer Last. Aber du bist noch hier. Genauso wie ich. Aber wie viele Male?

Als mich meine tiefste Dunkelheit verlassen hat, lange nachdem ich dachte, sie nicht mehr tragen zu können, war da so viel Leichtigkeit, eine so tiefe Dankbarkeit, Freude und Zufriedenheit für alles das passiert war, aber vor allem für das, was jetzt ist.

Die Angst im Glück

Mein Glück ist gewachsen und gewachsen.

Hier und da gab es weiterhin Herausforderungen, mal Wut, mal Erschöpfung, mal Trauer – kleine Eintagsfliegen aus Schattenstoff, die meinen Leben einfach ein kleines bisschen in lebendiger Form hielten, ohne zu sehr an mir zu rütteln.

Aber dann war da diese Begegnung, diese Kette an Begegnungen mit einem Traum, den ich schon solange in mir trug – mein größtes bisheriges Glück.

Kaum begann dieser Traum wahr zu werden, explodierten die Eintagsfliegen zu Schattenmonstern, die sämtliche vergangene Erinnerungen an Schmerz in sich trugen.

Nach jeder süßen Begegnung, folgte die Angst. Denn etwas Süßes, das blieb und nicht mit Schmerz beglichen werden musste, kannte mein Körper nicht.

Und obwohl mich die letzten Monate davon überzeugt hatten, das Glück beständig sein kann und dass es auch nie zu viel Glück um wahr Zusein gibt, war die alte Angst in meinen Zellen zu stark, um das endgültig zu glauben. Positive Realitätschecks und Logik machten da keinen Unterschied.

Als ich also so viel Freude erfuhr, begann ein Schatten nachdem anderen seine Bühne und Chancen zu suchen, um sich empor zu werfen und mich daran zu erinnern, welchen Preis für Mut und das Mich-Öffnen und Mich-Einlassen, ich bereits gezahlt habe.

Verletzlichkeit und Schmerz

Neben der Angst, dass meine Vergangenheit jetzt wieder aufleben würde (und wie sollte ich das noch einmal ertragen – unmöglich), war da auch die Angst vor Enttäuschung. Ich war doch geheilt. Wie beschämend zu behaupten, ich wäre heil, wenn da plötzlich doch noch so viel Panik ist. Oder?

Verletzlichkeit und Schmerz sind niemals beschämend… wir haben es nur anders gelernt. Verletzlichkeit und Schmerz sind auch nicht unsere Feinde, sondern vielmehr Verbündete, die uns unsere Grenzen und Bedürfnisse aufzeigen und sie zu wahren versuchen. Wenn sie uns aber gegen etwas Vergangenes schützen wollen, das jetzt nicht mehr mit der Realität kongruent ist, was dann?

Bauchgefühle die Mut machen

Zwischen dem Bangen und der Furcht, waren da diese Sätze, die durch meinen Bauch schwirrten und mir Mut machten:

 

„Gib deiner Vergangenheit Raum.

Spüre noch einmal die Gefühle.

Anerkenne, was du erlebt und ertragen hast.

All das zeigt sich jetzt noch einmal, weil dein Trauma jetzt bereit ist zu heilen. Weil du und dein Umfeld jetzt stark genug sind, um diese Wunden aufzulösen und einen neuen, freudvollen Weg zu gehen.

Gib dem Schmerz und der Angst Raum. Denn wenn wir dem Raum geben, was Raum sucht, dann ist statt Verdrängung Veränderung möglich.“

 

Ich habe also all die Angst durch mich fließen lassen.

Sie ausgesprochen.

Sie gehört.

Und sie in mein Herz gelassen.

 

Ich habe begriffen, dass die Panik meine Freundin ist und doch ich selbst die Weisheit und Kraft bin, um der Angst ihre Furcht zu nehmen. Ich habe mich der Möglichkeit gestellt, dass sich meine Vergangenheit wiederholt, mit der Bereitschaft und Überzeugung, dass aber auch genau das Gegenteil möglich ist.

Ein Geschenk des Lebens

Als Geschenk hat mich das Leben geküsst, die nächste Begegnung hat die Angst mit sanften Worten und Gesten zur Ruhe gebracht und jeder Zelle in meinem Körper gezeigt, dass es jetzt gut ist, dass es jetzt anders ist, dass da jetzt Freude ist.

Ein paar Wochen lang bin ich diesen Zyklus mit verschieden altem Traumen durchlaufen und jedes Mal wurde das nächste Trauma liebevoll gelöst und als vergangen verabschiedet. Heilung geschieht in Schichten, das Vor und Zurück, sind Wogen des Lebens in einem Fluss, der trotz seiner Bewegung immer in Richtung Meer, immer in Richtung Ganz- und Heilsein fließt. Davon bin ich heute überzeugt.

 

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