Plötzlich schmeckt das Leben nach all den Möglichkeiten, die ich mir erträume:
Ich werde 36, gehe auf die 40 zu, und auf einmal fühle ich in diesen Zahlen Freiheit, Wildheit, Lebendigkeit und Farben. So wie in diesen abgekauten Klischeesprüchen, der jetzt nach meiner Wahrheit schmeckt: Das Leben fängt gerade erst an – oder zumindest einmal mehr 😉
Plötzlich schmeckt das Leben nach all den Visionen und Möglichkeiten, die ich mir erträume
Ich werde 36, gehe auf die 40 zu, und auf einmal fühle ich in diesen Zahlen Freiheit, Wildheit, Lebendigkeit und Farben. So wie in diesen abgekauten Klischeesprüchen, der jetzt nach meiner Wahrheit schmeckt: Das Leben fängt gerade erst an – oder zumindest einmal mehr 😉
Alt werden – wer will das überhaupt?
Ich dachte nie viel über das Altern nach. Zuerst nicht, weil ich glaubte, wegen der Bulimie, nicht älter als 19 zu werden, und später, als ich eben doch älter als 19 war, weil die Depressionen und die Bulimie keine besondere Lust auf ein langes Leben machten.
Ich war so müde.
Als ich mehr und mehr heilte und mehr und mehr Lust auf das Leben bekam, blieb eine andere Schwere, die das Altern schwierig machte oder zumindest zu einer Sache, an die ich nicht viele Gedanken verschwenden wollte.
Zerschellte Hoffnungen?
Ich hatte so viel Lebenszeit verloren, die Bulimie und Depressionen hatten so viele Chancen verschluckt, dass ich keine wirkliche Option für meine finanzielle Absicherung im Alter sah (wobei ich sowieso sehr gerne meine Arbeit bis zum Schluss ausüben wollte und möchte).
Als ich noch Bulimie hatte, war ich überzeugt, dass ich, sobald ich sie los wäre, erblühen würde: gesundheitlich und auch optisch.
In meinem Kopf war der Sieg über diese schwere Krankheit wie die Verleihung eines Ordens, der das ganze Leben zum Besseren wendet.
Ich war überzeugt, dass die Müdigkeit und die vielen Schmerzen dann Vergangenheit würden, weil jede Zelle in meinem Körper neue Kraft entwickeln würde.
Stattdessen blieb ich müde, verlor die Hälfte meiner Haare, meine Haut wurde schlaffer, meine Schlupflider senkten sich, und mein Immunsystem war so schlecht, dass ich nur noch unregelmäßig Sport treiben konnte, bis ich kaum mehr Muskeln hatte.
Das hatte vermutlich nicht nur mit meiner Heilung zu tun, aber so oder so hat es meine Vision nicht erfüllt.
Nicht nur? Warum verbinde ich diese "negativen" Aspekte überhaupt mit meiner Heilung? Nun, weil als die Bulimie nicht mehr mein Regulator war, musste ich Gefühle aushalten. Ziemlich viele und ziemlich heftige, und definitiv hat das erschöpft. Ganz zu schweigen von den Situationen, die jetzt, nach meiner Heilung, erst sortiert werden müssen und konnten. Daneben gab es aber auch andere Faktoren, wie Corona, die sicher ihren Beitrag geleistet haben.
Nichtsdestotrotz geht es mir definitiv in sehr vielen Dingen sehr sehr viel besser als mit der Bulimie (darüber werde ich in einem anderen Blogbeitrag schreiben, der dann hier verlinkt wird). Bulimie ist zerstörerisch, sie tötet, und das auf keine schöne Weise. Sie zu überwinden ist möglich und definitiv das größte Geschenk und das Bedeutsamste, was ich jemals erreicht habe.
Nicht nur? Warum verbinde ich diese "negativen" Aspekte überhaupt mit meiner Heilung? Nun, weil als die Bulimie nicht mehr mein Regulator war, musste ich Gefühle aushalten. Ziemlich viele und ziemlich heftige, und definitiv hat das erschöpft. Ganz zu schweigen von den Situationen, die jetzt, nach meiner Heilung, erst sortiert werden müssen und konnten. Daneben gab es aber auch andere Faktoren, wie Corona, die sicher ihren Beitrag geleistet haben.
Nichtsdestotrotz geht es mir definitiv in sehr vielen Dingen sehr sehr viel besser als mit der Bulimie (darüber werde ich in einem anderen Blogbeitrag schreiben, der dann hier verlinkt wird). Bulimie ist zerstörerisch, sie tötet, und das auf keine schöne Weise. Sie zu überwinden ist möglich und definitiv das größte Geschenk und das Bedeutsamste, was ich jemals erreicht habe.
Wo war die vitale, strahlende, vor Kraft protzende Larissa?
Ich sorgte für mich, aber da war immer noch Stress, denn ich stand mit 35 an einem Punkt, an dem andere mit Anfang zwanzig stehen**: ich musste (und durfte) das Leben komplett neu kennenlernen und stand in den Babyschuhen meiner zukünftigen Karriere. Das war mit jeder Menge Prüfungsstress für meine systemische traumaintegrale Beraterinausbildung und dem Gründungsstress für mein Handpoke-Tattoo-Gewerbe verbunden. Ganz zu schweigen davon, dass da kaum Geld in meinen Taschen oder auf meinem Konto war.
Daneben gab es hier und da immer noch Nächte, in denen ich nicht sonderlich gut schlief.
Meine energetischen Healings unterstützten mich, machten meinen Kopf wieder frei und beruhigten meine Nerven, aber manchmal war ich schlicht zu faul, auf diese Weise für mich zu sorgen.
Als sich all das nicht besserte, stand da neben der drohenden Armut plötzlich auch noch Gebrechlichkeit auf dem Altwerden-Regal und dazu das Gefühl, meinen Wert einzubüßen, durch die verlorene Attraktivität (eine Bewertung, die ich selbstverständlich nur an mich selbst stellte, denn in anderen Menschen finde ich immer etwas Schönes, egal, wie sie aussehen. Besonders ältere Frauen sind in meinen Augen oft attraktiv. Und gerade kann ich diese Wertverknüpfung auch wieder voneinander trennen ;)).
Vielleicht war ich deshalb verwundert, als ich mich plötzlich als gealtert und nicht attraktiv empfand und das mit gerade einmal 35 Jahren.
**Ja, ich weiß, dass man nicht unbedingt mit 20, 16 oder zu einem anderen bestimmten Zeitpunkt vor den großen Schritten des Sich-selbst-Versorgens steht. Das kann immer passieren und immer wieder - aber ihr wisst ja, wenn man gerade in einer Negativschleife steckt, dann sind Verallgemeinerungen und Schubladen herrlich zur Unterstreichung des Standpunkts. Noch herrlicher ist es, wenn man sie dann umkippt. 🙂
**Ja, ich weiß, dass man nicht unbedingt mit 20, 16 oder zu einem anderen bestimmten Zeitpunkt vor den großen Schritten des Sich-selbst-Versorgens im Leben steht. Das kann immer passieren und immer wieder - aber ihr wisst ja, wenn man gerade in einer Negativschleife steckt, dann sind Verallgemeinerungen und Schubladen herrlich zur Unterstreichung des Standpunkts. Noch herrlicher ist es, wenn man sie dann umkippt. 🙂
Das Leben umkrempeln
Sollte das nun wirklich zu einem Thema für mich werden, wo es doch so viele andere, wesentlich wichtigere Dinge gibt?
Aber ja, irgendwie schon, denn sich mit sich selbst nicht wohl zu fühlen, ist ein doofes Gefühl, und das färbt nun mal auch andere Momente des Lebens.
Ich musste etwas tun: meine Resilienz aufbauen, mir mit einem Healing durch jemand anderen als mich selbst helfen lassen (weil es manchmal einfach leichter und schöner ist, wenn jemand anderes das übernimmt und es tat wirklich gut), das Immunsystem stärken und dann wieder Sport treiben.
Ich machte eine Darmaufbaukur, hörte auf, konventionelle Shampoos zu verwenden, und wusch meine Haare nur noch mit Kaffee, einem Spritzer Zitronensaft und Waschnuss und ging möglichst jeden Tag mindestens eineinhalb, manchmal zwei Stunden an der frischen Luft spazieren.
All das tat mir gut. Aber die komischen Gefühle, sobald ich in den Spiegel blickte, blieben und auch die angst vor der Zukunft.
Zumindest mochte ich meinen Körper.
Was meine Auf-eigenen-Beinen-stehen-Zukunft betraf, so beruhigte ich mich immer wieder damit, dass ich wirklich alles dafür tat, um sie zu ermöglichen und auch dass dies dann so blieb.
Wenn wir später dran sind als andere, heißt nicht, sind wir noch lange nicht zu spät.
Wenn wir später dran sind als andere, heißt nicht, sind wir noch lange nicht zu spät.
Visionen spielerisch ins Leben holen
Jetzt gerade sitze ich in dem bequemen Ohrensessel in meiner Küche und fühle mich stark.
Vom Leben durchtränkt und – trotz meines veränderten Aussehens, der immer noch nicht wieder vollen Haare und der faltigeren und schlaffen Haut – wieder schön.
Aber nicht (nur) wegen der Kur, noch wegen dem vielen Spazierengehen, sondern wegen etwas anderem.
Ich wurde an mich erinnert.
Daran, wie viel Kraft in Bildern liegt, in dem, was wir uns ausmalen und dem wir eine symbolische Form geben.
Das verdanke ich einem Stapel Magazine, Klebstoff, Glitzerstaub und meiner großartigen Dozentin, die den Abschluss meiner Ausbildung zur systemischen traumaintegralen Beraterin mit der Gestaltung eines Visionsboards abgerundet hat.
Visionboards. Wie kraftvoll der Effekt eines solchen Visionscollage sein soll, habe ich hundertmal gehört.
So oft, dass die Botschaft in meiner Wahrnehmung zu einer ausgelutschten, hohlen Weisheitshülle zerfiel.
Wieso eigentlich? Immerhin hatte ich die Effekte eines solchen Visionboards oft genug gefühlt.
Die Tagebücher aus meiner Jugendzeit sind voll mit Fotos von Menschen und Details, Natur und Tieren, die etwas verkörpern, was Teil meines Lebens werden sollte oder tiefer Ausdruck meiner Seele war.
Ich konnte stundenlang in Prozessen dieser Selbsterkundung und Selbstwerdung versinken. Spielerisch, voller Leichtigkeit und im starken Feuer meiner Träume.
Da waren die knalligen, schwarz-gelben Pumaschuhen, die ich mir Wochen später, entgegen der scheinbaren finanziellen Möglichkeiten, doch leisten konnte; die Zeichnungen von Händen, die Licht umfassen als symbolischer Anker für spirituellen Energiearbeit als Beruf.
Ich erinnere mich an die landschaftlichen Eindrücke von Ländern, die ich bereisen wollte (und heute bereist habe) bis hin zu Tonnen an Fotos, Symbolen und Worten zu den beiden wertvollsten Themen in meinem Leben: der Liebe und dem Schreiben.
Wenn ich jetzt an diese Visionsbilder denke, geht mein Herz auf:
Xena als Vorbild für Power und Selbstbewusstsein, die Charmed-Schwestern, die für mich die Verbindung zur Magie, aber auch Selbstverwirklichung und überbordende Kraft verkörperten, die nebelverhangenen Waldwiesen, die meine Seele mit dieser Erde und ihrem innewohnenden Zauber verbanden.
Wie all das auf die eine oder andere Weise ein Teil meines Lebens geworden ist, beschreibt die Verwirklichungsmöglichkeit von Träumen.
Uns ans Erinnern zu erinnern ist der Anfang von bewusster Veränderung
Und doch habe ich seit Jahren keine neuen Visionenbilder gesammelt.
Das an diesem Wochenende wieder zu tun, war … der Anfang einer Veränderung.
Ich versank seit langem zum ersten Mal zwischen Raum und Zeit, fiel mit all meinem Sein zwischen die Farbmoleküle der bedruckten Magazinseiten, fand mich in einzelnen Worten und in so vielen Momenten, die als Fotos festgehalten waren.
Allein der Akt, diese Bilder und Buchstaben aus den Zeitschriften zu reißen, war besser als jedes Shoppinggefühl.
Da waren so viele Erinnerungen daran, was ich liebe, was mir guttut, wer ich bin und sein und bleiben will.
So viele Aufnahmen davon, was in meinem Leben Raum erfahren soll, und davon, was in meinem Leben bereits Raum hat.
Das zu würdigen und zu sehen, die winzigen und großen Details, ließ mich durch Welten wandern.
Die Welten in mir und um mich.
Ich spürte den Regen, roch den Mulch, hörte das Knistern von Frost auf reifen Hagebutten, spürte die Glitzerpailletten an meinem Körper beim Tanzen auf Festivals, die Natursteinstufen meines zukünftigen Gartens unter meinen Füßen, öffnete die Schlafzimmerterrassentür hinein ins Grüne, hörte das Feuer, an dem ich mit Freunden saß, vom Sternenhimmel geküsst.
Ich schmeckte die selbstangebaute Kresse aus meiner Kindheit und roch die Sonne auf den Terrakotta-Amphoren, aus denen in meiner Jugend Erdbeeren und andere Leckereien sprossen.
Plötzlich sah ich all das Schöne, das bereits in meinem Leben passiert war, und all das Schöne, was noch kommen würde.
Unsere Träume entspringen in unserem Herzen
Wenn wir unserem Herzen zuhören, finden wir diese Visionen, da, wo sie längst im Leben auf uns warten.
Ich jedenfalls fand sie: diese wunderschöne, kraftvolle Frau mit Falten im Gesicht, grauem, vom Wind zerzausten Haar, Wanderrucksack und Outdoorjacke zwischen Fels und Eis und Schnee.
Von ihr zu sprechen, von ihr als mir zu erzählen, von meiner Vision, hat diese Bilder mit Leben gefüllt und in mir verankert.
„Klar“, dachte ich mir, „eigentlich finde ich es gar nicht schrecklich, älter zu werden, ich will nur mein Bestes geben, dass ich dabei fit bleibe“, und irgendwie ist der Gedanke schön.
Genauso wie die Vorstellung, die Jahre, die ich durch das Kranksein verloren habe, nachzuholen indem ich (länger) lebe. Lebe!
Wie es kommt, weiß ich nicht, aber das ist okay.
Doch jetzt und hier zu spüren, dass das Altern nicht ein Ausstieg aus dem Leben und das Ende jeder Lebendigkeit bedeutet, durchdringt mich.
Diese Erkenntnis berührt mich wie der Wind in jenem Gebirge. Klar und prickelnd.
Wenn wir später dran sind als andere, heißt nicht, dass es zu spät ist.
Und wieder einmal zeigt sich, das Zeit nur ein Wort ist: aber eines, mit dem sich Visionen weben lassen – egal zu welchem Zeitpunkt
„Du wirst wirklich schon 36?“, hat meine Dozentin gefragt.
„Ich habe dich für wesentlich jünger gehalten.“
Aber nein, ich werde 36, und diese Zahl schmeckt nach sonnengereiften Erdbeeren, nach Moos und Gras unter den Füßen, nach Eisbaden und nach Schweiß auf meinem Körper, während meine Muskeln zufrieden pochen.
40, denke ich mir dann, auch das ist eine wirklich schöne Zahl. Sie erzählt von Echtholzmöbeln und selbstangepflanzten Kräutern, von Spiegeleiern von den Hühnern im Garten und von Ton zwischen den Fingern.
Und 50, da sehe ich Farben – überall an meinen Fingern und meinem Malhemd, sehe meine Galerie und spüre den weichen Atem eines geliebten Tierbegleiters an meiner Seite.
60, mitten zwischen Felsen und Eis. Lebendig.
70, tanzend und liebend.
Mit 80 Jahren sitze ich im Schaukelstuhl mit meiner Katze auf dem Schoß, bin Radfahren oder im Garten beim Unkraut jäten und im Gespräch mit den befreundeten Vogelmitbewohnern.
Und so geht es weiter. Raum für Bücher, solche, die ich lese, und solche, die ich schreibe.
Raum für energetische Berührungen und Magie.
Raum für Verbindung, die ich beim Tätowieren erfahre.
Raum für zarte, junge Sprossen, die aus alten Bäumen hervorbrechen, für Sonnenflecken im Schatten einer Erle am See im Sommer. Raum, für die braunen Halme, die sich dem Herbst der Witterung entgegenrecken, und für den Duft nach Schnee und Kerzenwachs im glitzernden Winter.
Raum dafür, die Kraft und die Vitalität, die mich die Bulimie und die Depressionen gekostet haben, vielfach zurückzugewinnen.
Alles das finde ich zwischen den buntbedruckten Papierfetzen des Visionboards und in meinem Herzen, wenn ich darüber spreche.
Vielleicht ist das ein Reminder für dich, daran, wer du bist und wie viel Leben in dir steckt. Und daran, dass wir manchmal nur ein paar Bilder, Worte und Symbole von dem entfernt sind, was längst da ist.
Ich wünsche dir ganz viel Freude beim Erkunden deines Selbst, deiner Träume und Visionen und bei ihrer Verwirklichung.
Es ist sehr viel mehr möglich, als wir es manchmal denken. Deine Larissa
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